mandala
Vergleiche (CD) Mircea Eliade: Images et symboles, Paris 1952, chap.1; jetzt in: Ewige Bilder und Sinnbilder2, Frankfurt 1988, 57ff.


Ausdruck
Wie sich Gerhard Mercators typus von dem des Ficinus unterscheidet bzw. weiter- und fortentwickelt hat, läßt sich unter Heranziehung der beiden Abhandlungen: des Kommentars zu Plotins Ennenade I,1 bzw. De vita triplici III,22 erkennen. Vergleiche (CD) auch das Kapitel V der Studies in Iconology von Erwin Panofsky.

Mens-Anima-Spiritus = Mundana 


Mars*
Wenn wir die positive Ontologie Gerhard Mercators in Ansatz bringen, so ist Mars auf der guten Seite der Schöpfung zu verbuchen: die voluntas, der Wille des Augustinus, wird von Gerhard Mercator mit der Liebe (storge = storgh <> sforgae (gr. poet. Liebe) des Höheren zum Niederen, mit dem liebenden Wollen des Guten überhaupt identifiziert: Das Wollen des Menschen besteht in der Liebe zum Guten, im liebenden Erstreben des Guten.
Am 31. Mai 1585 bekräftigt Gerhard Mercator seine Ontologie in einem Briefe an Heinrich von Rantzau
Bona igitur omnia, gut ist schließlich alles auf Erden wie im Himmel: das eine ist dem Menschen zum rechtschaffenen Gebrauch geschaffen, und die Sterne nähren [ihn] mit ihrer Kraft: nimirum omnia quae in hoc inferiore mundo ... ad usum creata sunt, astra vi sua fovent ...
und verweist - auch zu diesem Zeitpunkt - auf die Abhandlung Über die Astronomie in opere Cosmographico (Deo volente), in seinem Kosmographie-Werk: So Gott will!

Zur "guten" Deutung des Mars habe ich mich an anderer Stelle geäußert. (CD)



Jupiter
Bekanntlich ist Jupiter in der klassischen Astrologie des Ptolemäus gut weggekommen: 
Jupiter allein als Herrscher, bewirkt Wachstum und Zunahme aller Enden, und, soweit die Ereignisse auf das menschliche Geschlecht sich beziehen, deutet er auf Ruhm und Ehre, Fruchtbarkeit, Gedeihen, Ruhe und Frieden. Er mehrt die Familie, begünstigt leibliche und seelische Güter, verspricht Wohltaten und Geschenke der Könige, und krönt die Staatslenker selbst mit Ruhm; so ist er ganz allgemein Ursache alles Guten. Er verspricht reichlichen Viehstand der Nutztiere, allen schädlichen Tieren dagegen Verderben und Untergang. In der Luft fördert er das gute Wetter, das gesund, windbewegt, feucht, alles Sprießende gedeihen läßt und schützt Schiffe auf ihren Fahrten; die Flüsse läßt er sanft anschwellen, beschert eine reiche Ernte und Ähnliches mehr. 
Tetrabiblos, Vierbuch, II,8
In ihren positiven Schöpfungsontologien ordnen Gerhard Mercator und der hl. Augustinus  Jupiter der affectio, dem Gemüt, dem Fühlen zu.


Saturn*
Mit der Zerstörungskraft des Planeten Saturn - nach Ptolemäus z.B. - hat die Zuordnung der ratio, des intellektuellen Anteils der mens nach Mercator / Augustinus, wahrlich nichts zu tun.


Anteil
Schon Vergil hatte sich damit in seiner Abhandlung De littera Y mit dem Y als der Darstellung der Einheit von Gut und Böse beschäftigt.
Sehr viel früher allerdings kommt die Darstellung der Unterstützung des Irdischen durch das Himmlische [Y] in einer ägyptischen Darstellung des Neuen Reichs (1580-1085) zum Ausdruck:



Ur-Sprung
Martianus Capellla wird  später erzählen, daß man Zeus / Jupiter anruft, indem man mit den Fingern die Zahl 717 darstellt. Denn in kabbalistischer Buchstaben-Verschlüsselung ist 717 die "Summe" des Wortes Ur-Sprung = ´h `arch :: h = 8 , a = 1 , r = 100 , c = 600 , h = 8. Und der Ursprung war den Pythagoräern heilig.


Hermetismus
Vergl. etwa die Auslegung der Doppelgeschlechtlichkeit des Menschen in der alchimischen Symbolik des 17.Jhs bei M.Maier in seinen Symbola, 1617
Der Androgyn
Der "pythagoräische Buchstabe" wird in der okkulten kabbalistisch-hermetischen Literatur stets als das "arcanum amoris vel unionis" - als das Geheimnis der Liebe bzw. der Vereinigung - angeführt. U.a. als "das Zusammen der vier Elemente in ihrer Gegensätzlichkeit". Blavatsky bringt es 1888 mit der "Entzweiung" von Gott und Teufel in Verbindung.

John Dee
Hatte John Dee sich in seinen Propaedeutika schon 1557 an Gerhard Mercator gewandt, so jetzt in seinem Monas Hieroglyphica an "Seine Majestät den erlauchtesten König Maximilian" von Ungarn, den er im September 1563 in Preßburg besucht hatte. In seiner Widmung schreibt er:
"Was die Seltenheit des äußerlich wirklich kleinen Geschenkes angeht, so werde ich davon so kurz wie möglich sprechen, indem ich erkläre, daß sich mir der Ablauf des menschlichen Lebens in meinem forschenden Geist als in zwei Wege geteilt darstellt, von denen fast alle Menschen nur den einen gehen. 
Kaum sind die Kindheits- und Jugendjahre vergangen, so bedrängen bereits Wünsche die Jünglinge, die zu einer Lebensentscheidung führen: entweder durch die Liebe zur Wahrheit und Tugend dem Wege der Philosophie zu folgen, der sie sich mitall ihren Kräften ihr ganzes Leben weihen, oder verführt durch weltliche Reize und die Gier nach Reichtümern ein Schlemmerleben zu beginnen, für das sie mit allen möglichen Mitteln leidenschaftlich arbeiten.
1. Von diesen letzteren werdet Ihr gewiß mit Leichtigkeit TAUSEND finden, während Ihr mir von den ersteren - also von denen, die sich von ganzem Herzen der Philosophie hingeben - kaum einen einzigen zeigen könnt, der auch nur die primitivsten und grundlegendsten Wahrheiten der Natur begriffen hat.
2. Und auf ein TAUSEND derjenigen, die sich ganz und gar dem Studium der Weisheit ergeben haben, kommt kaum EINER, der gründlich und vollständig die Ursachen des Aufganges, Durchganges und Unterganges der Kräfte, Wirkungen und Himmelskörper erforscht hat oder auch nur ihre einfachsten Prinzipien erklären könnte.
3. Wer ist also derjenige, der nach Überwindung der angeführten Schwierigkeiten zur Theorie und zum Verständnis der überhimmlischen Tugenden und metaphysischen Einflüsse strebt? Wo ist auf dem ganzen Erdkreis - in dieser traurigen Zeit. in der wir leben [Dee erinnert offenbar die Verfolgung, der er ausgesetzt war.] - dieser große Mensch und einmalige Held? Nach der Progression unserer tausendfachen Proportion - die wir hier nicht ohne Grund ansetzen - können wir unter hundert Myriaden aufrichtiger Philosophen und unter hunderttausend Myriaden gewöhnlicher Menschen dieses einzigartige und sehr glückliche Kind erwarten!
Wollen wir nun in der pythagoreischen Weise - wie man dies nennt - das hieroglyphische Schema dieser Seltenheit darstellen, die wir soeben entworfen haben. Durch dieses Hilfsmittel werden sich Eurer Hoheit von selbst die größten Mysterien offenbaren, die darin enthalten sind. Sie lassen sich übersichtlicher betrachten, wenn sie in unseren kosmopolitischen Theorien anhand  der nachstehenden Formel beschrieben werden.
Dee nimmt hier die bis dato überlieferte moralisierende Interpretation des pythagoräischen Buchstaben nach Lactantius auf, die bis weit in die hermetische Literatur - noch des 18.Jhs - hineinwirkt. So schmückt z.B. die Edition des Pythagorae carmen aureum von Johannes Christianus Knauthius (Straßburg 1720) das Bild von Herkules am Scheidewege, 
 
Litera Pythagorae discrimine secta bicorni.
Der Buchstabe des Pythagoras, zweifach unterschiedlich aufgeteilt .
.
der daselbst zwei jungen Leuten die Moral weist: der rechte, schmale Weg ist der mühsame Weg des gerechtfertigten Lebens (zum Pneumatiker, sagt Dee), der linke, breit-gebahnte Weg ist der leichte, aber mit Lastern gepflasterte Weg (zum Tyrannen, sagt Dee). Sir Thomas Browne spricht in seinen Versen (1658) vom "bicornous element of Pythagoras" mit der "engen Tür zum Himmel und dem weiten Tor zur Hölle".
Der pythagoräische Buchstabe ist vielen Deutungen gegenüber "offen". John Dee, der unendlich Belesene, und Gerhard Mercator haben womöglich aus Vergil, den Eclogen II des Ausonius, Hieronymus und / oder Lactantius nach Johannes Cruceus: Litera Pythagorae Y cum divina L.Lactantii Coelli Firmiani explanatione, Lyon 1536, bzw. aus Ficinus und Pico geschöpft.

Mittelalter
Selbst ihr Buch über die Reptilien beginnt Hildegard von Bingen mit den Worten: Gott hat am Anfang jedes Geschöpf gut erschaffen.
Mars
Mars hingegen -  allein im Besitze der Herrschaft - ist Ursache einer Zerstörung aller Enden durch dörrende Glut. Hinsichtlich der Menschen erregt er Kriege, innerlichen Zwiespalt und Aufruhr, Eroberungen und Vernichtung von Städten, Volksunruhen, Zorneshandlungen der Fürsten und daraus entspringend plötzlichen Tod. Außerdem dreitätige Fieber, Blutstürze, schmerzvolle Krankheiten, heftig einsetzendes Sterben unter der Jugend, Gewaltsamkeiten, Ungerechtigkeiten, Feuersbrünst, Meuchelmorde, Raubzüge und Straßenüberfälle. In der sommerlichen Witterung heiße, gesundheitsschädliche und auszehrende Winde, Blitzschläge, Wirbelstürme und Dürre. In Flüssen saugt er das Wasser auf, läßt Quellen versiegen und verdirbt ihr Wasser; verdirbt das Getreide und alle Erdgewächse, entweder durch Hitze, bevor sie eingefahren werden, oder läßt die eingescheuerte Frucht in Flammen aufgehen. - so Ptolemäus in seinem astrologischen Lehrbuch Tetrabiblos, Vierbuch, II,8.

Saturn
Saturn als alleiniger Herrscher bringt im allgemeinen Zerstörungen und Verderben durch Kälte, und besonders langandauernde Krankheiten für den menschlichen Körper: Schwindsucht, Auszehrung, die in Katarrhen ihren Ursprung findet, gestörte Sekretion, Fluß, viertägige Fieber; und Verbannung, Armut, Bedrängnis, Trauerfälle, Ängste und Aussterben, vorzüglich der Greise. Für die Tiere, die zum menschlichen Nutzen gehalten werden, bringt er Futtermangel oder schwächt sie durch Krankheit, und zwar bis zu solchem Grade, daß der Schaden selbst auf die Menschen übergeht, die sie halten. In den Lüften verursacht er entsetzliche Kälte, unter Vereisung, Nebel und großem Schaden für die Gesundheit. Unwetter entspringen dieser Ursache, ewige Wolkentrübe, viel Nebelschwaden, starke Schneefälle, nicht solche, die von Nutzen sind, sondern verderbliche, aus denen schleichendes Unheil für die Menschen erwächst. Auf Flüssen und Meeren beiderseits wilde Stürme, Schiffbruch, gefahrvolle Fahrten, Fischmangel und Fischsterben. Auf dem Meere besonders ein Abströmen der Wassermassen unter Zerstörung des Meeresbettes und ihr Zurückfluten. - so Ptolemäus in seinem astrologischen Lehrbuch Tetrabiblos, Vierbuch, II,8.
Stufung des Weltalls
Auf der Beilage zum Brief an Vivianus (vgl. Anm.10) heißt es:
Astra quo longius a centro distant eo sunt nobiliora et magis benefica, je weiter die Gestirne vom Zentrum entfernt sind, desto edler  und wohltätiger sind sie. 
Omnia autem superat coelum empyreum spiraculum praestans aeternae vitae, alle aber übertrifft der Feuerhimmel, jener luftige Hauch, in seiner Vortrefflichkeit des ewigen Lebens. Dies alles lehrt die Anordnung [die Ordnung der Teile] der Welt wie auch der verständige Grund  dieser Ordnung: Es ist das Beste, das sich in die Höhe aufschwingt: 
Haec docet ordo partium mundi ordinisque ratio optima queque sursum attollens.
Cicero läßt den (römischen) Stoiker Lucilius Balbus im zweiten Buche Über das Wesen der Götter sagen: 
An ne hoc quidem intellegimus, omnia supera esse meliora, terram autem esse infimam, quam crassissimus circumfundet aer? Sehen wir denn nicht wenigstens ein, daß alles Höhere das Bessere ist, die Erde aber, von der dichtesten Lufthülle umgeben, zu unterst ist?

aufbewahrt
Bis 1909 befand es sich als MSS 1002 in der Universitätsbibliothek zu Utrecht. Noch das Faksimile des Album amicorum des Abraham Ortelius, 1969 in Amsterdam herausgegeben von Jean Puraye, enthält die alte - damals schon fehlerhafte - Angabe: Album Amicorum de Jean Vivien, conservé à la Bibliothèque de l'Université d'Utrecht. (Siehe Lexikon (CD) )


13. August 1573
H.Averdunk zitiert 1914 das Briefdatum - ?Druckfehler - wechselnd: mal datiert er auf den 15. August 1573, mal (korrekt) auf den 13. August 1573.


typus
Typus universitatis iuxta dispositionem et oeconomiam partium: Schema des Weltalls gemäß der Verteilung und der Heilsordnung der Teile [der Welt]. 

Außerhalb der Christologie, der theologischen Lehre vom Gottessohn Jesus Christus, verbindet sich mit dem nicht rhetorisch, sondern onto-theologisch aufzufassenden Begriff der oeconomia [harmonische Gliederung von Teilen {der Rede} (bei Cicero)] diejenige Ordnung alles Seienden, gemäß welcher uns die göttlichen Güter mitgeteilt werden (oeconomia = göttliche Heilsordnung). Mercator hat die "ökonomische" Entfaltung des christlichen Gottes als einer offenbarungsgeschichtlichen Weitung der göttlichen Einheit offenbar bei Irenäus vorgefunden und gutgeheißen. 

Leider ist nicht zu belegen, daß er die Lehre des Tertullian: Praxeas2 gekannt hat: "Drei sind es non statu sed gradu". Wie auch Praxeas5ff der Hervorgang des Geistes "a patre per filium" im Hinblick auf die Dreiheit, "a patre filioque" jedoch in Bezug auf die Einheit der göttlichen Personen ausgesagt wird. (Siehe auch die Abhandlung TRADUZIANISMUS.)

Bei Gerhard Mercator heißt es 1593: I.3 Ein wahres Bekenntnis ... : "In den Vater legen wir gleichsam den realen Keim, in den Sohn die vegetative Kraft und in den Heiligen Geist die hervorbringende und ermutigende Kraft (vis), die - mit dem Sohn aus dem Vater hervorgehend [cum illo ex patre procedit] und durch den Sohn herausströmt - ins Werk fortschreitet."



Quellen
Er wich dabei von dem noch 1569 in der Chronologie so lobenswert geübten Verfahren ab, die zitierten / exzerpierten Autoren anzuführen. - Aber er war ja auch schon mit den Quellen der Legenden in seiner Weltkarte ad usum navigantium so verfahren, - leider. 

bearbeitet
Rumold fertigt seine Weltkarte 1587: Diese Angabe ist bei der Datierung der Kosmographischen Gedanken bislang noch nicht berücksichtigt worden. Sie hat - wie mir scheint - unmittelbare Folgen auch für die Gedanken, die Gerhard Mercator in seinem "zweiten" Brief an Vivianus hinsichtlich der Person des Atlas äußert. 

Wenn man die Befindlichkeiten des 82Jährigen ein halbes Jahr vor seinem Tode berücksichtigt, dann erscheint es als wahrscheinlich, daß die abschließende Redaktion der Kosmographischen Gedanken,

die ja noch zu der Einarbeitung einiger Gedanken aus dem Brief des Reinhard Solenander vom 1.Juli 1594 (calendis julij "alten Stils" = 12. Juli 1594 "neuen" = gregorianischen "Stils") in das Kapitel 13 (Über den Baum des Lebens) geführt hat, 
von Rumold und Johannes Mercator vorgenommen worden ist: Epitaph in obitum und In Atlantem sprechen für die Teilnahme von Johannes, die Vorrede an Elisabeth I. und der Brief  an den Grafen von Rantzau - im Vorab-Exemplar - sprechen für Rumold, da Johannes, der äteste Sohn Arnolds, zum Zeitpunkt des Erscheinens des großväterlichen Werkes offenbar aber erst nach dem Tode Gerhard Mercators schon verstorben war.


reale Weltbild
Der Wittenberger Theologe Osiander hatte bekanntlich mit einer nicht als solche von ihm den Revolutionen hinzugefügten Vorrede An die Leser von den kosmologisch-realen Überlegungen des Copernicus als von mathematischen "Hypothesen" gesprochen, so daß es der Wittenberger Schule Philipp Melanchtons - den "Philippisten" - ein Leichtes war, die Hinnahme der (neuen) kosmologischen Parameter des Copernicus mit der weiterhin begründeten These von der real-unbewegt-ruhenden Erde zu verknüpfen, so wie dies auch Gemma Frisius in Löwen oder von Erasmus Reinhold, der die Astronomie in Wittenberg vertrat, favorisiert wurde. 

Noch vor dem Tode seines Schwiegervaters (1560) hat anscheinend Melanchtons Schwiegersohn Caspar Peucer ?vor 1558 das dann rein mathematisch (geometrisch) resultierende bizentrische Weltmodell in seinen Vorlesungen behandelt. 

Über Luthers und Melanchtons Stellungnahme zu den "absurden Äußerungen" jenes "preußischen Astrononomen" namens Copernicus siehe die Abhandlung AD USUM NAVIGANTIUM (CD).



Trabanten
Undzwar in der von Copernicus angenommenen Ordnung, bei der der Merkur der sonnennähere Planet - in heliozentrisch-linearer Anordnung - ist. Die Zuordnung von Merkur und Venus als die "Mitläufer" der Sonne, die ja die lineare Anordnungen der "ägyptischen" (älteren) wie der "chaldäischen" (jüngeren) Planetenfolge durchbricht, finden wir schon früh bei Cicero im Traum des Scipio, bei Philo, De Providentia 2,69, Theon von Smyrna (S.73) und Chalcidius, Kommentar 73, belegt. 

Macrobius kennt beide Ordnungen und personifiziert sie mit Plato (ägyptisch, d.h. die Sonnenzentrik von Merkur und Venus "irgendwie" betreffend) bzw. Cicero (chaldäisch: die "Mittenstellung" der Sonne betreffend). Bei Cicero ist die Venus der erdnächste Planet. Die Auflösung des für Macrobius nur scheinbaren Widerspruchs zwischen Plato und Cicero liegt in der völlig unbestimmten Rede vom Erscheinen beider Planeten zuweilen "oberhalb, superior" und zuweilen "unterhalb, inferior" der Sonne. Diese unbestimmte Rede von den Zeniten beider Sonnenmitläufer hat viele Ausleger zu dem fehlerhaften Schluß "verführt", Macrobius habe hier den zentralen Umlauf von Merkur und Venus ausgesagt. Der dieser Erwähnung folgende Text läßt eine derartige Interpretation aber nicht zu. 

Martianus CapellaMacrobius' jüngerer Zeitgenosse - drückt sich dagegen in Sachen "Sonnenzentrik" viel entschiedener und vor allem: richtig aus (De nuptiis 8, 857): 

    Denique circulorum suorum centron in Sole constituunt, ita ut supra ipsum aliquando, intra plerumque propinquiores terris ferantur, a quo quidem uno signo et parte dimidia Mercurius Venusque disparatur. Sed cum supra Solem sunt, propinquior est terris Mercurius, cum intra Solem, Venus utpote quae vastiore diffusiorque curvetur.
Capella sagt zuvor noch mit wünschenswerter Deutlichkeit: (854)
    Venus vero ac Mercurius non ambiunt terram,
(879) [Stilbon=Mercurius ... :]
    Huius Venerisque circulos epiciclos esse superius memoravi.
Ob Macrobius eine so deutliche und astronomisch hinreichende Epizykelvorstellung wie Capella hier  besitzt, scheint doch recht zweifelhaft zu sein: Über eine bislang nie gemachte Konjektur zu Macrobius' "oberhalb" und "unterhalb" siehe später ... 

Von der zitierten Stelle bei Capella zehrt die gesamte spätere Tradition  der "ägyptischen Hypothese" - falls sie überhaupt zur Kenntnis genommen wurde: Einerseits treffen wir bei Capella die chaldäische Folge der Planeten an, andererseits hat kein Nicht-Astronom besser und bestimmter als Capella die These vom gemeinsamen Deferenten von Sonne, Merkur und Venus mit der korrekten Epizykelordnung Venus-Merkur-Sonne in die Freien Künste - Abteilung Astronomie - eingebracht. 

Dem Heliozentriker Copernicus gab Capella das Argument an die Hand, es auch mit der Sonnenzentrik der übrigen Gestirne real zu versuchen. 



Brief
Der Verlust des Brieforiginals ist sehr zu bedauern. Der Brief Tihons und seine Anlage befinden sich im wissenschaftlichen Nachlaß van Ortroys, den die Universität Gent aufbewahrt. Er wurde 1994 dankenswerter Weise von R.Vermij im Löwener Jubiläumsband aus dem Nachlaß von van Ortroy veröffentlicht: De Typus universitatis, in M.Watelet: Gerardus Mercator Rupelmundanus, Antwerpen 1994
Vermij emendiert dort auch den sforge/storge- bzw. virrificatio/virificatio/vivificatio-betreffenden Fehler Tihons, nimmt aber zu den unterschiedlichen typus-Bildern nicht Stellung. 

Zu der neuerlichen Entdeckung einer ?zweiten Korrespondenz Mercator-Vivianus siehe Joseph Milz: Ein bisher unbekannter Briefwechsel Gerhard Mercators mit Johannes Vivianus, Duisburger Forschungen Bd 43, 1-20.



Liebe
Erasmus von Rotterdam, Theologische Methodenlehre, erläutert die väterlichen Gefühle Abrahams zu Isaak durch das (unübersetzte) Wort jilostorgoz = zärtlich liebend; Paulus, Röm12,10, hat "in brüderlicher Liebe einander zugetan sein". Beides leitet sich ab von stergw = lieben; zärtlich, leidenschaftlich lieben; freundlich sein, treu zur Seite stehen; Behagen und Gefallen finden an ... 


conscientia
 ... einer Vorläufertheorie zu Kants Lehre von der transzendentalen Apperzeption. In der Dreiheit von Gedächtnis, Wille und Verstand, der Struktur des menschlichen Geistes (mens) nach Augustinus, schlägt sich auch die theologische Lehre von der Ebenbildlichkeit des Menschen in seiner Beziehung zum "wahren Licht der Vernunft"  nieder: Licht, ungeschaffenes Licht, das ist der ungeteilte DreiEine, der éine Gott, sagt Augustinus
    Itaque lumen illud Trinitatis inseparabilis, unus Deus est.
Migne 42, 372. Siehe die Abhandlung IMAGO DEI (CD).

Wirtel
Kreisring (Wirtel) 
Wirtel = Spulenring oder -rolle (Quirl) = Kreisring 
Planisphärium
 
1600
 
 
 
 
 
Cellerius 1667



Wirteln
Wirtel = Spulenring oder -rolle (Quirl) = Kreisring: siehe die nächste Anmerkung.


Kreisringen
B.L. van der Waerden erörtert diese Vorstellung recht ausführlich in seiner Astronomie der Griechen. Er vertritt die These, daß die primitive Epizykeltheorie (im Gegensatz zur 'reifen' aus der Zeit des Aristarchos) eine Erfindung der Phythagoräer ist und daß Plato sie kennt und im Staat und im Timaios darauf anspielt.
Im Staat heißt es u.a.:
"Und gleich waren auch, fuhr er fort, gewisse wilde Männer bei der Hand, ganz feurig anzusehen, welche den Ruf verstanden und einige davon besonders wegführten; dem Ardiaios aber und anderen banden sie Hände und Füße ||616|| und Kopf zusammen, warfen sie nieder und, nachdem sie sie mit Schlägen zugedeckt, zogen sie sie seitwärts vom Wege ab, wo sie sie mit Dornen schabten und den Vorbeigehenden jedesmal andeuteten, weshalb diese solches litten, und daß sie abgeführt würden, um in den Tartaros geworfen zu werden. Und so sei denn, sagte er, nachdem ihnen soviel und mancherlei Furchtbares begegnet, diese Furcht die schlimmste von allen gewesen für jeden, daß, wenn er hinaufsteigen wollte, der Schlund brüllen möchte, und mit der größten Zufriedenheit seien sie dann hinaufgestiegen, wenn er geschwiegen habe. Solcherlei also seien die Büßungen und Strafen, und ebenso die Erquickungen, jenen als Gegenstück entsprechend. Nachdem aber jedesmal denen auf der Wiese sieben Tage verstrichen, müßten sie am achten aufbrechen und wandern, und kämen den vierten Tag hin, wo man von oben herab ein gerades Licht wie eine Säule über den ganzen Himmel und die Erde verbreitet sehe, am meisten dem Regenbogen vergleichbar aber glänzender und reiner. In dieses kämen sie eine Tagereise weiter gegangen hinein, und sähen dort mitten in dem Lichte vom Himmel her seine Enden an diesen Bändern ausgespannt; denn dieses Licht sei das Band des Himmels, welches wie die Streben an den großen Schiffen den ganzen Umfang zusammenhält. An diesen Enden aber sei die Spindel der Notwendigkeit befestigt, vermittelst deren alle Sphären in Umschwung gesetzt werden, und an dieser sei die Stange und der Haken von Stahl, die Wulst aber gemischt aus diesem und anderen Arten. |
Beschaffen aber sei diese Wulst folgendermaßen. Die Gestalt, so wie hier; aus dem aber, was er sagte, war abzunehmen, sie sei so, als wenn in einer großen und durchweg ausgehöhlten Wulst eine andere ebensolche kleinere eingepaßt wäre, wie man Schachteln hat, die so ineinander passen, und ebenso eine andere dritte und eine vierte und noch vier andere. Denn acht Wülste seien es insgesamt, welche ineinander liegend ihre Ränder von oben her als Kreise zeigen, um die Stange her aber nur eine zusammenhängende Oberfläche einer Wulst bilden; diese aber sei durch die achte mitten durchgetrieben. Die erste und äußerste Wulst nun habe auch den breitesten Kreis des Randes, der zweite sei der der sechsten, der dritte der der vierten, der vierte der der achten, der fünfte der der siebenten, der sechste der der fünften, der siebente der der dritten, der achte der der zweiten. Und der der größten sei bunt, der der siebenten der glänzendste, ||617|| der der achten erhalte seine Farbe von der Beleuchtung der siebenten, der der zweiten und fünften seien einander sehr ähnlich gelblicher als jene, der dritte habe die weißeste Farbe, der vierte sei rötlich, der zweite aber übertreffe an Weiße den sechsten. Indem nun die Spindel gedreht werde, so kreise sie zwar ganz immer in demselben Schwunge, in dem ganzen Umschwingenden aber bewegten sich die sieben inneren Kreise langsam in einem dem Ganzen entgegengesetzten Schwung. Von diesen gehe der achte am schnellsten; auf ihn folgen der Schnelle nach, zugleich miteinander der siebente, sechste und fünfte; als der dritte seinem Schwunge nach kreise, wie es ihnen geschienen, der vierte, als vierter aber der dritte und als fünfter der zweite. Gedreht aber werde die Spindel im Schoße der Notwendigkeit. Auf den Kreisen derselben aber säßen oben auf jeglichem eine mitumschwingende Sirene, eine Stimme von sich gebend, jede immer den nämlichen Ton, aus allen achten aber insgesamt klänge dann ein Wohllaut zusammen. Drei andere aber, in gleicher Entfernung rings her jede auf einem Sessel sitzend, die weiß bekleideten am Haupte bekränzten Töchter der Notwendigkeit, die Moiren Lachesis, Klotho und Atropos, sängen zu der Harmonie der Sirenen, und zwar Lachesis das Geschehene, Klotho das Gegenwärtige, Atropos aber das Bevorstehende. Und Klotho berühre von Zeit zu Zeit mit ihrer Rechten den äußeren Umkreis der Spindel und drehe sie mit, Atropos aber ebenso die inneren mit der Linken, Lachesis aber berühre mit beiden abwechselnd beides, das Äußere und Innere. Sie nun, als sie angekommen, haben sie sogleich gemußt zur Lachesis gehen. Ein Prophet aber habe sie zuerst der Ordnung nach auseinandergestellt, dann aus der Lachesis Schoß Lose genommen und Grundrisse von Lebensweisen, dann sei er auf eine hohe Bühne gestiegen und habe gesagt: Dies ist die Tochter der Notwendigkeit, der jungfräulichen Lachesis Rede. Eintägige Seelen! Ein neuer todbringender Umlauf beginnt für das sterbliche Geschlecht. Nicht euch wird der Dämon erlosen, sondern ihr werdet den Dämon wählen. Wer aber zuerst gelost hat, wähle zuerst die Lebensbahn, in welcher er dann notwendig verharren wird. Die Tugend ist herrenlos, von welcher, je nachdem jeglicher sie ehrt oder geringschätzt, er auch mehr oder minder haben wird. Die Schuld ist des Wählenden; Gott ist schuldlos."


Bild
Erst Tycho Brahe wird nach langen Überlegungen zum Kometen von 1577 und in der Folge seiner späteren Marsbeobachtungen der Überzeugung werden, daß die orbes - entgegen einer zweitausend Jahre alten Lehre - keine festen Körper sind, so daß z.B. der zweifache Schnitt der Mars-Sphäre mit der Sonnen-Sphäre für ihn kein Problem mehr darstellt.
Die in langen Untersuchungen aufgefundenen Bahnparameter und sein Insistieren auf der Unbewegtheit der terra zwangen ihn förmlich - wenn er keinen Fehler wie z.B. Wittich oder Ursus machen wollte -  zur Preisgabe der orbes-Vorstellungen.