1552
"In Duisburg ist er still eingezogen: die Stadtrechnung meldet nichts von einem Empfang  durch den Rat oder von Begrüßung mit Ehrenwein. Doch sagt er selber, er sei gleich nach seiner Einwanderung durch besondere Freundschaft vom klevischen Kanzler Heinrich Bars[seine Anwesenheit in der Stadt wird 1552 durch die Stadtrechnung bezeugt] begünstigt worden.
Heinrich Averdunk


Brüssel
"Und als er seine Wohnung hier bei uns in unserer Nachbarschaft aufgeschlagen hatte, sorgte er bald darauf auf Befehl desselben Kaisers [dem er die Declaratio gewidmet hatte] dafür, daß zwei kleine Globen, der eine aus reinstem Kristall geblasen, der andere aus Holz angefertigt wurden. Auf jenem waren die Planeten zusammen mit hervorragenden Sternbildern mit einem Diamanten eingeritzt und mit Gold leuchtend ausgefüllt; dieser enthielt eine sehr genaue Beschreibung der Welt, soweit es der geringe Raum der kleinen Kugel zuließ, die die Größe eines Balles, mit dem Knaben im Kreise spielen, nicht überschritt. Diese Globen brachte er selbst mit einigen anderen mathematischen Instrumenten dem genannten Kaiser nach Brüssel dar.“ 
Walter Ghim

Am 23. August 1554 berichtete Gerhard Mercator von diesem Auftrag Karls V. in einem Brief an Philipp Melanchton, den ich in den "Mittheilungen aus der Correspondenz des Herzogs Albrecht von Preussen mit Martin Luther, Philipp Melanchton und Georg Sabinus" von Johannes Voigt (1840/41) nach einem - allerdings zuerst einmal fehlgehenden - Hinweis von Ernst Zinner (1943) 'wiedergefunden' habe. 
In seinem Brief erzählt Gerhard Mercator, daß dem Gespräch zwischen dem Kaiser, dem Italiener Janellus und ihm die Regentin Maria beigewohnt hat. Maria - seit 1531 Statthalterin, 'Regentin' der Niederlande - hatte 1544 den Löwener Meister Gerhard Mercator inquisitorisch, unduldsam und mit Hartnäckigkeit verfolgen lassen. Ob sich die Regentin nach 10 Jahren noch daran erinnert hat? Gerhard Mercator wird sich in Brüssel dieser Verfolgung sehr wohl erinnert haben - aber selbst jetzt bewahrte er gegenüber seinem Briefpartner Stillschweigen, obgleich er sich bei Philipp Schwarzerd mit dieser Verfolgung hätte einschmeicheln können. 
 

Der "faustgroße" Erdglobus war von Mercator in einem Himmelsglobus aus Kristallglas eingesetzt worden und sollte - drehbar - die Spitze der - offenbar verlorengegangenen - Planetenuhr zieren, die Janellus aus Mailand für Kaiser Karl eigens nach Brüssel gebracht hatte. 

(Die Rekonstruktion des Zwei-Globen-Systems habe ich 1995 durchgeführt.) 

Die Unterhaltung betraf einerseits den Fleiß Peter Apians - dieser hatte dem Kaiser und dessen Bruder Ferdinand 1540 sein Astronomicum Caesareum (wahrlich eine Fleißleistung) gewidmet - und die wissenschaftlich 1554 durchaus noch nicht durchgeklärte Frage nach der Messung von Ortslängen, den Graden der Mittagslinien (Meridianen). Über die Bestimmung der Mittagslinien ließen sich beide Geladenen in unterschiedlicher Weise aus. 

Von unterschiedlichen Verfahren der Bestimmung der Länge eines Ortes handelt Mercator in dem Aufsatz für Kaiser Karl V.: Declaratio insigniorum utilitatum, quae sunt in .. annulo astronomico. Unter den "mathematischen Werkzeugen", die er mit nach Brüssel gebracht hat, befand sich auch ein "Astronomischer Ring", mit dem sich die angezeigten Verfahren ausführen ließen.  Die Anwendungen der in den Fuß des Zwei-Globen-Systems eingebauten Magnetnadel beziehen sich auf dieses System, nicht auf den Astronomischen Ring

Gerhard Mercator - so berichtet uns der Professor der Medizin und Mathematik Petrus Beausardus in seinem Werkchen Annuli Astronomici Usus 1553, cap.1 -
hatte schon weit vor 1553 - wenn man der Aussage des Beausardus trauen kann: aus dem Beausardus-Text ist die Löwener Zeit schon vor 1546 zu erschließen - den Annulus des Gemma Frisius  nicht nur zu einem Viererring ausgebaut, sondern darüberhinaus noch mit einem weiteren - fünften - Ring versehen, dem "Horizontring", so daß zusätzliche astronomische Aufgaben lösbar wurden. Er hatte damit in gewisser Weise - die Reduktion auf drei Ringe bei Gemma Frisius aufhebend - das schon dem Mittelalter bekannte Astrolabon des Ptolemäus  wiederhergestellt. 
 

Der abgebildete Sonnenring des Johannes Motter - aus den ?Jahren um 1550 -

  • Motter hat vermutlich mit Gerhard Mercator und Gemma Frisius in dieser Zeit in Löwen in Verbindung gestanden. 
mit Äquator-, Meridian- und Sonnendiopter-Ring -   - entspricht noch ganz den Vorstellungen des Gemma Frisius von einem "Äquatorialinstrument":
 
Der Äquatorring dient der Messung des Stundenwinkels t, er wird daher auch als "Stundenring" mit N = 0h = 24h und S = 12h bezeichnet.

Werden die Stunden vom Südpunkt des Ortsmeridians aus gezählt, so wird t als "Ortsstundenwinkel" bezeicnet.

Der Diopterring dient der Messung der Deklination d bzw. als "universale Sonnenuhr"

Die Annuli Astronomici des Gemma wurden nicht nur nach seinem Tode (1555) noch von seinem Neffen Walter Arsenius
 

weiter hergestellt, sie fanden sogar noch im 17./18.Jh.ihre Liebhaber:
 


 
Dubois 1776

Leider ist bis heute noch kein Annulus Astronomicus aus der Werkstatt Gerhard Mercators gefunden worden.



Karte der Britischen Inseln
Am 26. November 1996 versuchte der British Rail Pension Fund den Kartenkonvolut, der als "A Mercator Treasure" 1969 bekannt und später (1979) unter der (begriffsgeschichtlich fehlgehenden) Bezeichnung als "The Mercator Atlas of Europe" von Sotheby zum ersten Mal zur Versteigerung angeboten und vom Fund angekauft wurde, über Sotheby zu versteigern. Da diese Versteigerung fehlschlug, 
Peter Barber, Head of Maps, British Library: "At that point the British Library stepped in decisively, managed to persuade the government that this was an item that was worth retaining Great Britain and the government provided funds that enabled the atlas to be bought by the British Library."
erwarb schließlich im Mai 1997 die British Library in London den Kartenkonvolut, der 1979 als Lot 300 wie folgt angeboten worden war:
Mercator (Gerard, 1512-1594) The Mercator Atlas of Europe, containing
  • the only two known autogaph manuscript maps by him
  • the only surviving copy of his wall-map of Europe of 1554
  • one of only four known copies of his wall-map of the British Isles of 1564
  • two sections of his rare wall-map of the wolrd of 1569, the first use of the 'Mercator projection'
comprising the most important surviving corpus of Mercator's work in a single volume and the only such collection ever likely to appear for sale, ...
Der Konvolut enthielt darüber hinaus eine Karte von Ancona aus dem 16.Jahrhundert, 30 Karten aus dem Theatrum orbis terrarum des Abraham Ortelius von 1570 sowie 50 weitere Karten aus dem 18.Jahrhundert. 

Inzwischen hatte Marcel Watelet eine Fasimile-Ausgabe zum Mercator-Jahr 1994 - nur - der im Konvolut  vorhandenen Mercator-Karten unter dem (begriffsgeschichtlich fehlgehenden) Titel eines Atlas Europae erarbeitet: 

Gerardi Mercatoris Atlas Europae : een facsimile-uitgave van kaarten van Gerard Mercator uit de Atlas van Europa, ca. 1570-1572 / o.l.v. Marcel Watelet; met bijdragen van James R. Akerman ... [et al.]. - Antwerpen : Mercatorfonds, 1994. - portfolio with 17 maps + text book (96 pp. ; ill.). - (Bibliotheek van de Vrienden van het Mercatorfonds) (Englische Ausgabe 1997). 
Als mir jetzt (2005) die Filme The Mapmakers I: America the birth of a continent (über Waldseemüllers 'Amerika-Karte'), The Mapmakers II: The mystery of the Mercator atlas, The Mapmakers III: The D-Day invasion maps bekannt wurden - die Filme wurden in Ko-Produktion von den Fernsehsendern S4C, The History Channel US und The History Channel UK hergestellt - , interessierten  mich insbesondere die Interviews und der Hauptkommentar des Films The Mapmakers II, dessen Produktionstitel um die Jahreszahl 1572 ergänzt war. Der Film folgt im Wesentlichen der Darstellung von Peter Barber, Head of Maps, British Library, im Faksimile-Exemplar des Jahres 1994 (43 -77) und erzählt die vermutliche / vermeintliche Entstehungsgeschichte der Karte der Britischen Inseln von 1564 "as a reminder of a bloody period in European history, when map making was a dangorous occupation: A time when map making and espionage went hand in hand." (Ende des Filmkommentars). In seiner Abhandlung The British Isles weist Barber 66ff überzeugend nach, daß die von Mercator 1564 benutzten Manuskriptkarten von England, Wales und Schottland, die er neben anderen Quellen als Vorlage seines Kupferstichs benutzte, aus der Zeichenfeder des schottische "Spions" John Elder stammten. 
 
"There's another very, very telling feature, and that is that in his 1542 address to Henry VIII, Elder goes on at great length about the fact that he is a Redshank, that he is an highlander. ..., who else would be interested in Redshanks, other than John Elder, ... ."
Barber, Film-Interview
Da bis dato aber nicht erschlossen werden kann, wie die Unterlagen nach Duisburg gekommen sind, warum Mercator überhaupt die Karte der Britischen Inseln in mehr un-wissenschaftlicher Weise in Kupfer gestochen hat: 
  • der Karte fehlt jede Graduierung nach Länge und Breite - seinem Lebensmotto: Das Beste, und nur das Beste abzuliefern! so gar nicht entsprechend - 
und wer der von Mercator in der Anrede an den Benutzer ("Leser") nicht weiter bezeichnete "Freund" (amicus quidam) "aus England" (so Ghim 1595) gewesen ist, dem er den Stich nicht abschlagen konnte (quod cum amico denegare nollem), stellt Barber im Film die Hypothese auf:
  • "The map went in about 1562 one imagines when the English were still occupying France, from Cardinal de Lorraine to Cardinal de Granvelle. And Cardinal de Granvelle then sent it on to Mercator with a letter that must have read "My dear Mercator this is a mapof Britain, I would be most obliged if you would print it. And incidentially if you don't print it we might possibly begin looking back at those days of early 1540's when we think you were dabbling in heresy and Protestantism." "
Und der Kommentar in Folge: "Yet, he would have been frightened of the consequences he had not produced the map. Memories of his imprisonment as a heretic would have haunted him. He had [!] to produce the maps for the French [!]."
Abgesehen von einem völlig fehlgehenden Kommentar "Mercator's technique [in der Konstruktion der Welt- und Seekarte von 1569] meant that an image of the globe could be projected onto a flat plane with minimum distortion" - begleitet einerseits von der stimulierenden Behauptung Jerry Brottons (Autor von 'Trading Territories'): "..., the projection that he produces in 1569 revolutionises geography", der falschen Beschreibung der 44er Folgen der Inquisition in Löwen: "Yet he was the only one of the forty three prisoners condemned with him who survived. They were executed by sword, buried alive, or burned at the stake" und andererseits von Brottons fehlerhafter InBeziehungsSetzung der Vorfälle der Jahre 1534, 1544 und 1564:"Mercator's got a big problem because the political and religious climate of the time is really, really tightening, he's in trouble possibly because he has reformed Lutheran Protestant sympathies, he's also interested in classical humanist texts, he's interested in Aristotle, he's interested in Ptolemy, the problem he has is that those classical texts tell him a different story from what the bible tells him, and that's what he's trying to work out in his maps.  But, of course, he's also under huge pressure politically because if he starts to look like he's too much of a Protestant then the Catholic authorities of the time are going to clamp down on him. So he's really got to play a very, very careful game about what he's doing with his maps.- Barber weiß: Gerhard Mercator hatte 1564 - 12 Jahre nach seinem Umzug von Löwen nach Duisburg - keinen physischen Zugriff der Inquisition auf seine Person mehr zu fürchten:  Mercator lebte seit 1552 im Herzogtum Kleve, Jülich, Mark und Ravensburg, in dem die Inquisition keine Macht (mehr) über Gläubige oder Andersgläubige besaß,
Man lese die Legende Felices patriae der Weltkarte von 1569:

"Schon fürchtet auch der Bürger, wenn er mit solcher
Lenkung [in Kleve (d.i. Duisburg), Jülich, Mark und Ravensburg] regiert wird, keine Nachteile, keine schrecklichen Kriege, keinen wüsten Hunger, 
die Ansatzpunkte für die unwürdigen Bisse der Denunzianten sind abgeschnitten. ...".

wie sollte da Granvelles (Barbers) offene Drohung noch auf Mercator einwirken können?

Erstaunlich ist auch die Aussage von Peter Barber: "In the wrong hands the map of England was a very, very dangerous instrument." 'In falschen Händen', damit meint Barber u.A."die Franzosen" als Invasoren Englands; aber er beachtet nicht, 

  • (1) "Before the death of Mary, negotiations for a peace between France, Spain, and England had already begun. Calais was almost the only difficulty remaining to be settled. Our countrymen have never been able to understand how their possession of a fortress within the natural boundaries of another country can be disagreeable to its inhabitants. Elizabeth shared the national feeling, and she wanted Philip to insist on the restitution of Calais. He would have done so if she had pleased him as to other matters. Even as it was, the presence of a French garrison in Calais was so inconvenient to the master of the Netherlands that he was ready to fight on if England would do her part. But Elizabeth would only promise to fight Scotland--a very indirect and, indeed, useless way of supporting Philip. When once this point was made clear, peace was soon concluded between the three powers at Câteau, near Cambray (March 1559); appearances being saved by a stipulation that Calais should be restored in eight years, or half a million of crowns be forfeited." Queen Elizabeth by Edward Spencer Beesly, 1892, ch.III: Foreign Relations 1559-1563
  • (2) daß die Karte der Britischen Inseln 1564 mitten zwischen den beiden ersten "Hugenottenkriegen"veröffentlicht wurde, Frankreich also - innen-poltisch gebunden - keineswegs mehr als Invasionsmacht infrage kam, und daß von den 88 Exemplaren bis 1568 nachweislich mindestens 40 "nach Frankreich" und immerhin 16 "nach England" verkauft worden sind, ohne die von ihm befürchteten Folgen gehabt zu haben! 
Als die Weltkkarte1569 erschien, ging das Interesse an der Karte der Britischen Inseln schlagartig zurück.


glänzende Konstruktion
Allerdings hatte John Dee schon 1557 auf bemerkenswerte Weise einen canon gubernauticus berechnet, der die Beziehungen zwischen gesegelten Längendifferenzen und zugehörigen loxodromischen Breitendifferenzen auf Kursen nach Strichen (rumbs) der Seeleute tabelliert, - aber er wollte keine neue Seekarte konstruieren, wie es in der Absicht Gerhard Mercators lag, sondern einfach kompaßkursgerechtes Segeln in den gehörigen Breiten und Längen lehren. Vgl. den Artikel 'John Dee'.


Paradigmenwechsel
"Es wird  noch vieles in den Grundlehren bisher [1593] vermißt, was mit Hilfe eines sorgfältigen Studiums und der Kunst von Gelehrten erforscht werden könnte, sobald man die Betrachtungen zur Weltschöpfung zu Hilfe genommen hat ... So würden auch über die Navigationskunst, in der bisher gewisse nicht geringe Dinge vermißt werden, ausführlichere Untersuchungen angestellt werden können.“ 
Kosmographische Gedanken 2.1:  Die Weisheit des Schöpfer


Philosophie
"Diese Art von  Philosophie hat ihren Sitz eher in der Regung des Herzens als in den Syllogismen, sie ist eher Leben denn Gelehrtengezänk, eher Anwehen des göttlichen Geistes als Gelehrsamkeit, eher Anverwandlung denn Vernunft. Gelehrt zu sein ist wenigen gegeben, aber niemandem ist es verboten, Christ zu sein, niemandem, fromm zu sein, und ich wage noch kühn hinzuzufügen: Niemandem ist es verboten, ein Theologe zu sein.“ 
Erasmus von Rotterdam, Vorreden zum Neuen Testament, Aufruf


zweiter Schlaganfall
"Im Jahre 1590 - schreibt Walter Ghim in seiner Vita später - befiel ihn am 5.Mai eine Lähmung der linken Seite, eine Krankheit, der zwar Dr.Solenander, der berühmteste und bei weitem erfahrenste Arzt unseres erlauchten Fürsten, mannhaft Heilung zu bringen und abzuhelfen versuchte, doch die Beschwerden des zunehmenden Alters hinderten einen glücklicheren Erfolg. Und als er wieder in den vollen Besitz seiner Sprache gekommen war, sah ich ihn, wie er weinte und sich drei- und viermal mit der Faust auf die Brust schlug und sagte: 'Schlage, brenne, schneide Deinen Knecht, Herr, und wenn Du ihn nicht hart genug getroffen hast, schlage ihn noch stärker und heftiger nach Deinem Wohlgefallen, damit Du im künftigen Leben mich schonst' usw." Dieser erste Schlaganfall lähmte Mercators linke Seite auf Dauer und ließ ein - sein gewohntes - Arbeiten nur noch mühsam zu. "Nach Verlauf von drei Jahren bekam er einen sehr heftigen Gehirnschlag, der ihm Kehle und Gurgel so versperrte, daß er eine Zeitlang die Sprache verlor ..."
Mercators "Klagelied" nach seinen ersten Schlaganfall zeigt nicht nur, in welchem Umfange er Bibelkenntnis besaß: "Ach, Gott, strafe mich nicht im Zorn, laß es in Gnaden sein und zeitlich, sei Vater und nicht Richter" singt der Psalmist im 6.Psalm; er kennt auch den heiligen Augustinus: sehr genau: "Ach, Gott, brenne hier [jetzt], haue hier, schlage hier und schone unser dort [in der Ewigkeit]." (Vgl. die Sieben Bußpsalmen Luthers von 1517.)


typus = Weltsymbol
Zu den  geistesgeschichtlichen Bezügen vergleiche man die Abhandlung VIVIANUS 1573. 


Baum des Lebens
"Da Gottes Weisheit nichts vergebens und ohne Grund geschaffen hat, was nicht zu irgendeiner Lebensnotwendigkeit nützlich wäre, gibt es unzweifelhaft keine Krankheit, keine Unzulänglichkeit der Natur, für die er nicht im voraus ein Heilmittel besorgt hätte. Daher ließ er so viele Arten von Pflanzen sprießen und sich entwickeln, wie für die Erhaltung und Förderung des Lebens der Menschen und aller Lebewesen nötig war. Den Baum des Lebens pflanzte er in die Mitte des Paradieses, damit der Mensch erstens - bis er durch gehorsame Ausführung des Gebotes geheiligter geworden war - in den Himmel gelange und zweitens durch seinen Gebrauch sich seine Gesundheit bewahre.“ 
Kosmographische Gedanken 2.13: Der Baum des Lebens


Ebenbildlichkeit
"Da die den Körper belebende Seele der vernunftbegabten voraufgeht, hat die vernunfbegabte in ihr ihren Bestand. Die den Körper belebende Seele stellt eine gewisse Harmonie und ein gemeinsames Wirken der inneren Organe her, da sie harmonisch für das Leben des Lebewesens sorgt. Die vernunftbegabte Seele - dagegen - ist ein Abbild des göttlichen Wesens.
"Nun aber sieh, [lieber Leser,] welches die Gaben des Heiligen Geistes oder Gottes in dieser [unsterblichen] Seele sind: es sind Einsichtsvermögen, Verstand, Urteilskraft, Erinnerung, Liebe zum wirklich Guten, Gerechtigkeitssinn, Freude im Heiligen Geist, freie Wahl des Willens und möglicherweise noch andere Vorzüge. In diesen Gaben nämlich besitzt der Mensch die Ähnlichkeit Gottes; seine Ebenbildlichkeit hat ihren Bestand in der unsterblichen vernunftbegabten Seele.
Kosmographische Gedanken 2.17: Die Erschaffung des Menschen

Viererring
Petrus Beausardus, mathematicus in Löwen, schrieb 1553: "Zu den besagten Ringen [der ?gängigen Vierring-Armillen] kann ein fünfter hinzukommen, der den Horizont vertritt auf eine Art, die man da und dort schon zu sehen bekam, und wie sie in den letzten Jahren für den unbesiegbarsten Kaiser Karl V., einem großen Freund mathematischer Geräte,  mit großer Sorgfalt und Geschicklichkeit der Rupelmundaner Gerhard Mercator (der - man kann ruhig sagen - geschickteste Mann  unserer Zeit - soviel ich weiß - in der Herstellung solcher Instrumente),.angefertigt hat. “ 

Diese Bemerkung des Beausardus: "verum dictis armillis si quintus annulus accedat, qui horizontis vice fungatur, cuiusmodi nonnullus videre licuit, utque est, quem magna industria ac solerti opera his proximis annis, Carolo quinto Imperatori invictissimus et mathemascos studiosissimo, confecit noster Gerardus Mercator, Rupelmundanus (vir, quo fabricae instrumentorum, ut cum omnium pace dixerim, hac tempestate nullum peritiorem noverim)",  ist insofern ein wenig irreführend, als (1.) die gebräuchlichen Annuli - von der Art des Gemma - allein aus drei Ringen bestanden, womöglich aber einen weiteren Diopter[ring] besaßen (wie etwa bei Dubois )- und (2.) die Existenz des annulus astronomicus (1552-?-1554) für 1546 nicht so recht verbürgt ist, da John Dee noch 1547 einen annulus und einen Kreuzstab aus der Werkstatt des Gemma mit zurück nach Cambridge nahm.